Behindertentestament & Betreuungsrecht

(aus informiert! Weihnachten 2019)

Häufig werden Menschen mit Assistenzbedarf durch ein sogenanntes Behindertentestament mit einer Erbschaft als nicht befreiter Vorerbe bei gleichzeitig angeordneter Dauertestamentsvollstreckung bedacht. Besteht gleichzeitig eine rechtliche Betreuung, kommt regelmäßig die Frage auf, ob der Wert der Erbschaft bei der Berechnung der Gerichtsgebühren für die rechtliche Betreuung berücksichtigt werden muss.

In einer aktuellen Entscheidung hat das OLG München (Beschluss vom 18. Januar 2019 – 34 Wx 165/18 Kost) die Ansicht vertreten, dass der Wert der Erbschaft bei den Gerichtskosten nicht berücksichtigt wird. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass nicht die Verwaltung des Erbes, sondern nur die Rechte des Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker Gegenstand der Betreuung seien. Für die Gerichtskosten sei deswegen nur das Vermögen maßgeblich, auf das sich die rechtliche Betreuung beziehe.
Diese Entscheidung des OLG München ist zu begrüßen. Wichtig zu wissen ist aber auch, dass weitere Oberlandesgerichte die Rechtslage anders bewerten (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 28. Dezember 2016, 2 W 255/16; OLG Hamm, Beschluss vom 18. August 2015, I-15 Wx 203/15; OLG Köln, Beschluss vom 14. September 2009, 2 Wx 66/09). Es ist deswegen wahrscheinlich, dass viele Betreuungsgerichte weiterhin den Wert der Erbschaft trotz angeordneter Dauertestamentsvollstreckung für die Berechnung der Gerichtskosten heranziehen werden. Wer von diesem Problem betroffen ist, kann die Kostenentscheidung des Betreuungsgerichts unter Hinweis auf die Entscheidung des OLG München mit dem Rechtsbehelf Erinnerung sowie anschließend ggf. mit einer Beschwerde anfechten. Gerichtskosten fallen für die Erinnerung sowie die Beschwerde übrigens nicht an (§ 66 Abs. 6 GKG).

Die Entscheidung des OLG München kann kostenlos abgerufen werden unter: https://www.gesetze-bayern.de/(X(1)S(zdouela4ysl50sijwwkqld1z))/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2019-N-312?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1l.

Empfohlen wird, im Behindertentestament zu bestimmen, dass die durch eine rechtliche Betreuung entstehenden Kosten weder aus der Substanz noch aus den Erträgen des Vorerbes bestritten werden sollen. Lesen Sie dazu den informativen Rechtsratgeber des bvkm „Vererben zugunsten behinderter Menschen“ https://bvkm.de/recht-ratgeber/.

(November 2019) RAin Sabine Westermann