Nachgefragt: Angaben zum Einkommen und Vermögen von „Familienangehörigen“ gegenüber dem Sozialamt?

(aus: informiert! Michaeli 2021)

Frage:
Ich bin die rechtliche Betreuerin meines Bruders. Mein Bruder lebt in einer besonderen Wohnform und erhält Leistungen der Eingliederungshilfe sowie Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII. Der Sozialhilfeträger hat für meinen Bruder ein neues Antragsformular für Leistungen der Grundsicherung übersandt. Auf dem Formular wird ausdrücklich nach dem Einkommen und Vermögen (wie Konten, Kfz, Immobilen) von „Familienangehörigen“ gefragt. Bin ich als Schwester „Familienangehörige“ und muss ich deswegen Angaben zu meinem Einkommen und Vermögen machen?

Antwort:

Wer Sozialleistungen beantragt, ist zur Mitwirkung gegenüber der Behörde verpflichtet. Es müssen für die Sozialleistung erhebliche Tatsachen mitgeteilt werden. Grundsicherung erhalten Menschen, die nicht über genug Einkommen und/oder Vermögen verfügen, um das Existenzminimum zu sichern. Damit der Sozialhilfeträger dies nachprüfen kann, müssen Leistungsberechtigte Angaben zum Einkommen und Vermögen machen.

Angaben zum Einkommen- und Vermögen von weiteren Personen müssen Leistungsberechtigte machen, wenn sie verheiratet sind und nicht getrennt leben oder gemeinsam in einer sogenannten eheähnlichen Gemeinschaft zusammenleben. Ebenso wenn Verwandte in einer Haushaltsgemeinschaft mit gegenseitiger finanzieller Unterstützung zusammenleben.

Der Begriff der „Familienangehörigen“ wird im SGB XII hingegen weder verwendet noch definiert. Die Formulierung auf dem Formular verwirrt deswegen.

Menschen mit Assistenzbedarf, die in einer besonderen Wohnform leben, sind bei der Grundsicherung zu behandeln wie Menschen, die in einer eigenen Wohnung leben. Der Sozialhilfeträger benötigt deswegen keine Angaben über das Einkommen und Vermögen der Schwester, um über die Leistung zu entscheiden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schwester müssen dem Sozialhilfeträger deswegen nicht mitgeteilt werden. Der Sozialhilfeträger kann darauf hingewiesen werden, dass es keine Rechtsgrundlage für die Abfrage von Daten von „Familienangehörigen“ gibt.

Damit das Formular zu keinen weiteren Verwirrungen bei Angehörigen sorgt und korrigiert wird, kann außerdem die zuständige Datenschutzbeauftragte informiert werden. Die Erhebung von Sozialdaten ist nur zulässig, wenn diese für die Entscheidung über eine Sozialleistung benötigt werden.

Hinweis:
Abzugrenzen davon ist der Übergang von zivilrechtlichen Unterhaltsansprüchen auf das Sozialamt. Da Verwandte in gerader Linie wie Eltern gegenüber Kindern einander zum Unterhalt verpflichtet sind, kann der Sozialhilfeträger direkt bei den Eltern Auskünfte zum Einkommen zur Feststellung einer möglichen Unterhaltspflicht abfragen. In dem Fall besteht eine Auskunftsverpflichtung gegenüber dem Sozialamt. Hier gilt je Elternteil die großzügige Einkommensfreigrenze von 100.000 EUR (brutto) im Jahr. Selbst beim Überschreiten dieser Grenze ist die Heranziehung der Eltern auf monatlich 20 EUR für existenzsichernde Leistungen begrenzt.

(August 2021) RAin Sabine Westermann