Sonder-Newsletter 28. April 2020

Sonder-Newsletter 28. April 2020

Hier finden Sie die kompletten Beiträge des Sonder-Newsletters vom 28. April 2020.
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28. April 2020

Liebe Angehörige, liebe Leser*innen,

die Corona-Pandemie hat uns alle fest im Griff! Seit Wochen gelten in Deutschland genauso wie in vielen anderen Ländern nie dagewesene Beschränkungen, die uns alle ein hohes Maß an Geduld, Akzeptanz und auch Vertrauen in die getroffenen Vorkehrungen abverlangen. Hatten viele von uns zu Beginn noch die Hoffnung, dass diese Beschränkungen nur für eine kurze und überschaubare Zeit gelten, zeigt sich nun aber immer mehr, dass trotz kleiner Lockerungen viele der uns auferlegten Einschränkungen für einen längeren, nicht genau vorhersagbaren Zeitraum gelten werden. Ansonsten riskieren wir Rückschläge, das heißt dass die bei uns im Vergleich noch relativ glimpflich verlaufende Corona-Pandemie sich stärker ausbreitet und mehr Todesopfer fordert, als wir das heute erhoffen.

Wir alle sind von der Corona-Pandemie betroffen. Stärker betroffen sind neben anderen Gruppen die Mitarbeitenden in Heil- und Pflegeberufen, auch in den besonderen Wohnformen und Werkstätten der Eingliederungshilfe. Neben den alltäglichen Einschränkungen für alle hat sich ihr Berufsalltag völlig verändert: Selbst wenn keine Corona-Infektionen aufgetreten sind, erfordern die Abgrenzungen innerhalb der LebensOrte bzw. die Schließung der Werkstätten von den Mitarbeitenden viel Einsatzbereitschaft, Phantasie und teilweise die Übernahme neuer Aufgaben. Nur so ist eine gute Versorgung unserer Angehörigen mit Assistenzbedarf weiter zu gewährleisten.

In gleicher Weise betroffen sind Eltern und Angehörige, deren Töchter / Söhne / Geschwister / … mit Assistenzbedarf sich derzeit bei ihnen aufhalten, manchmal bereits seit vielen Wochen. Dass die meisten der gewohnten Freizeitaktivitäten derzeit nicht möglich sind, etwa Besuche von Freunden und Verwandten, Urlaube, größere Ausflüge, Kinobesuche oder das Essen in Restaurants, stellt Eltern und Angehörige vor große Probleme: was können sie mit ihren Angehörigen mit Assistenzbedarf diese ganze Zeit unternehmen und wie können sich alle zusammen sinnvoll beschäftigen? Viele Angehörige fühlen sich zunehmend überfordert und sehnen sich nach den Zeiten „vor Corona“.

Von der ungewohnten Situation am meisten betroffen aber sind viele unserer Menschen mit Assistenzbedarf: Halten sie sich bei ihren Eltern oder Angehörigen auf, sehen sie sich den beschriebenen Einschränkungen gegenüber. Wenn sie in den LebensOrten leben, sind ihre Werkstätten oder Förderbereiche geschlossen. Ihnen fehlt damit die gewohnte Tagesstruktur, und die strikte Trennung der einzelnen Wohngruppen ermöglicht außerdem keine über die Wohngruppen hinausgehenden Kontakte. Der Umgang mit der dadurch oft großen Verunsicherung erfordert besondere Umsicht und stellt alle Beteiligten vor erhöhte Anforderungen.

Wie kann Anthropoi Selbsthilfe dazu beitragen, dass wir alle diese Zeit gut überstehen? Da niemand derzeit weiß, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickeln wird, sind keine sinnvollen Voraussagen möglich. Zudem sind die Verordnungen und Erlasse Aufgabe der einzelnen Bundesländer und damit pro Bundesland oder sogar Kommune unterschiedlich. Deshalb bitten wir um Ihr Verständnis, dass wir als eine Bundesvereinigung hier keine detaillierten und für alle geltenden Empfehlungen aussprechen können.

Ähnlich zu unseren Empfehlungen im ersten Sonder-Newsletter vom 3.4.2020 raten wir Ihnen, sich mit der besonderen Wohnform Ihres/Ihrer Angehörigen mit Assistenzbedarf in Verbindung zu setzen und individuell zu klären:

  • Wenn Ihre Angehörige/Ihr Angehöriger in der besonderen Wohnform lebt:
    • Wie ist der Kontakt mit ihr/ihm am besten aufrecht zu erhalten? Was hilft ihr/ihm am besten, eventuelle Unsicherheiten bis hin zu Gefühlen der Verlassenheit zu überwinden?
    • Halten Sie den Kontakt mit den Mitarbeitenden des LebensOrtes! Dies ist in Zeiten wie dieser besonders wichtig.
    • Versuchen Sie herauszufinden, ob und wenn ja, in welcher Form, Besuche möglich sind. Dies ist in den Bundesländern und den einzelnen LebensOrten sehr verschieden – oft ist es durch Verordnungen nicht gestattet oder aus anderen Gründen nicht möglich oder angemessen.
  • Wenn Ihre Angehörige/Ihr Angehöriger sich zurzeit bei Ihnen aufhält:
    • Prüfen Sie genau, ob Sie sich mit der Situation so überfordert fühlen, dass eine Weiterführung nur schwer möglich ist. In diesem Fall setzen Sie sich bitte mit dem LebensOrt in Verbindung und besprechen Sie mögliche Formen einer Rückkehr (d.h. wird es dann eine Quarantäne geben, wenn ja, in welcher Form, etc.).
    • Informieren Sie sich beim LebensOrt, ob bereits allgemeine Regelungen angedacht sind, wie eine Rückkehr Ihrer Angehörigen in den LebensOrt aussehen könnte. Auch wenn zurzeit niemand definitive Zusagen machen kann – schon die Aussicht kann Ihnen und Ihren Angehörigen mit Assistenzbedarf Mut machen, in absehbarer Zeit wieder näher zum gewohnten Leben zurückzukehren.

In all den möglichen Fällen sollte selbstverständlich immer das im Vordergrund stehen, was für unsere Angehörigen mit Assistenzbedarf am besten ist, ob sie sich nun zur Zeit im LebensOrt oder „zu Hause“ aufhalten. Außerdem stehen wir alle in der Verantwortung, uns und andere nicht unnötig zu gefährden und Infektionen zu riskieren.

Wir informieren uns weiterhin so gut wie möglich, um Sie zeitnah auf dem Laufenden zu halten. Falls Sie Fragen oder auch Anregungen haben, sprechen Sie uns bitte an. Ich hoffe, dass wir Sie mit diesen Gedanken und Anregungen etwas unterstützen können.
Halten Sie durch und vor Allem, bleiben Sie gesund!

Ihr Volker Hauburger

Blauregen: Detailansicht der Blüten, weiß mit violetten Zungen und gelb in der Mitte

Pflegegeld

Pflegegeld für Menschen mit Assistenzbedarf, die sich zu Hause aufhalten:
Für die Zeit, in der sich Menschen mit Assistenzbedarf und Pflegegrad zu Hause aufhalten und die Pflege durch Angehörige erfolgt, besteht ein Anspruch auf Pflegegeld (ab Pflegegrad 2). Dies gilt schon für reguläre Besuche und ist in § 43a Satz 3 SGB XI (sogenannte vorübergehende häusliche Pflege) geregelt, https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_11/__43a.html.
Diesen Anspruch sollten Sie gegenüber der Pflegekasse geltend machen. Hieran ändert sich nach unserer Einschätzung auch nichts durch die Corona-Krise, wenn z. B. die Pflege durch die Angehörigen auch über mehrere Wochen zu Hause erfolgt. Diese Situation ist ja dennoch vorübergehend dem Ausnahmezustand geschuldet. Alles andere würde eine Benachteiligung von Menschen mit Assistenzbedarf und ihren Angehörigen gegenüber anderen Pflegbedürftigen bedeuten. Auf diesen Standpunkt würde ich mich jedenfalls gegenüber der Pflegekasse stellen.
Rechtsanwältin Sabine Westermann, Sozialpolitische Sprecherin Anthropoi Selbsthilfe

Links

Unsere Newsletter im Internet

Zu unserer Website mit den (Sonder-)Newslettern:
https://anthropoi-selbsthilfe.de/service/newsletter-infos/

Unser Blog in Corona-Zeiten

Auf unserer Website haben wir seit gut drei Wochen einen Blog eingerichtet.
„Unser Blog in Corona-Zeiten“ erscheint jeden Montag, Mittwoch und Freitag.
Wir möchten Sie dort gerne begleiten mit anregenden Texten, Gedichten, Fotos und Ähnlichem, direkt auf der Website oder mit Links zu Videos.
Schauen Sie regelmäßig vorbei!
https://anthropoi-selbsthilfe.de/category/blog-in-corona-zeiten/

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